Für das Portal „Fußballtransfers.com“ habe ich folgenden Beitrag, über die Ausländerregelung in der türkischen Süperlig, verfasst. Erschienen am 08. November 2014.

 

Der türkische Fußball rutscht immer weiter in die Bedeutungslosigkeit ab. Galatasaray, Fenerbahce, Besiktas und Trabzonspor sind allesamt ein Schatten vergangener Tage. Wo sind die schönen Tage hin, als die Teams noch wacker gekämpft haben, fragen sich nicht wenige Fußballfans. Damals haben die Spieler technisch gut gespielt und hatten auch mal hier und da Überraschungen zu bieten. Letztendlich haben die Mannschaften häufig glücklos verloren. Sie haben jedoch das Beste aus ihren Möglichkeiten gemacht. Heute jagt eine Niederlage die nächste und es gibt keine Aussicht auf Besserung.

Dabei beginnt der rote Faden der Erfolglosigkeit bei den Klubmannschaften und er durchzieht sämtliche Ligen bis hin zur Nationalmannschaft. Die Milli Takim, wie die Nationalelf in der Türkei genannt wird, hat bereits den fußballerischen Karren in den Dreck gefahren, indem sie den Start in die EM-Qualifikation für 2016 verstolpert hat. Das Resultat ist der letzte Platz in der Tabelle. Das Überstehen der Qualifikationsrunde ist somit in weite Ferne gerückt. Die türkischen Spieler können die an sie gestellten Anforderungen nicht erfüllen. Das hat verschiedene Ursachen.

Neue Ausländerregelung als Lösung?

Bei Erfolglosigkeit zeigt man in der Türkei schnell in Richtung des Fußballverbands (TFF). Dieser soll die Vereine durch seine restriktive Ausländerregel geschwächt haben. In der Saison 2013/2014 wurde die Anzahl nicht türkischer Spieler pro Team bereits auf 10 begrenzt. In der aktuellen Saison 2014/2015 sank die Anzahl erneut, nun auf acht Profis. Sie wird als 5+3-Formel bezeichnet. Fünf nichttürkische Spieler sind auf dem Feld erlaubt, drei ausländische Spieler dürfen auf der Ersatzbank Platz nehmen.

Natürlich müssen sich die Vereine fragen lassen, warum sie nicht erfolgreicher gespielt haben, als sie noch frei schalten und walten konnten. In diese Richtung vermeiden die Klubs jedoch jegliche Diskussion. Sie haben sich in Jahren der Misswirtschaft ins Abseits manövriert und suchen jetzt einen Sündenbock. Der Verband soll an der eigenen Erfolglosigkeit schuld sein. Das ist eine sehr einseitige Betrachtung der Situation im türkischen Fußball und wird dem Ernst der Lage nicht gerecht.

Würde man den Klubs freie Hand lassen, dann würden sie wohl weiterhin endlos ausländische Spieler erwerben. Das haben sie in der Vergangenheit bereits getan. Oft wurden alte Profis mit schillernden Namen verpflichtet, damit sich die Vereinsführung mit stolzer Brust zeigen konnte. Jedoch waren diese Spieler bereits über ihren Zenit hinaus und konnten der türkischen Elf nicht wirklich zum Erfolg verhelfen. Das Geld war jedoch ausgegeben und die Verschuldung des Vereins wuchs.

In der Türkei traut man den eigenen Trainern nicht viel zu. Lieber kaufen die Vereine mehr oder weniger erfolgreiche ausländische Trainer ein. Diese beschweren sich dann über die Kaderqualität und fordern neue ausländische Spieler. Erneut werden vor allem mittelklassige Spieler gekauft und dann spielen diese in der türkischen Liga mehr schlecht als recht. Türkische Profis haben dann, bis auf wenige Ausnahmen, oftmals nur eine Funktion als Füllmaterial inne. Sie besetzen Positionen, für die sich niemand anderes finden konnte. Das Resultat ist jedoch, dass türkische Spieler nicht mehr gefördert werden und keine Spielpraxis gewinnen. Werden sie dann in die Nationalmannschaft eingeladen, sind sie überfordert. So erklärt sich auch die Schwäche der Milli Takim und auch, warum der türkische Fußballverband handeln musste.

Aus diesem Blickwinkel betrachtet ist der Schritt des türkischen Verbandes, die ausländische Spieleranzahl zu begrenzen, gar nicht so unklug. Die Klubs haben sich mit ihrer kurzsichtigen Transferpolitik selbst und dem türkischen Fußball enorm geschadet. Wenn die Vereine nicht zur Vernunft kommen wollen, dann müssen Regeln aufgestellt werden – zum Wohle des türkischen Fußballs. Und das ist nicht nur aus fußballerischer Sicht zu werten. Die türkischen Vereine sind durch die endlose Kaufwut verschuldet. Experten vermuten, dass der Fußballverband bei der schlechten Haushaltslage wohl einem Drittel der Vereine aus der Süper Lig keine Lizenz ausstellen dürfte, sofern er ganz genau hinsehen würde. Die Situation ist daher ernst.

Die Folgen der Politik des Fußballverbands sind in der Türkei höchst umstritten. Die Klubs beschweren sich über die Benachteiligung ihrer Mannschaften. Zudem müssen nun höhere Transfersummen für mittelmäßige türkische Profis geboten werden, da eine höhere Nachfrage auf geringes Angebot trifft.

Die Klubs haben es sich jahrelang leicht gemacht und ausländische Spieler gekauft, anstatt eigene auszubilden. Deshalb hat man niemanden, den man ausländischen Vereinen für gutes Geld zum Kauf anbieten könnte. Auch hier hat man zu kurz gedacht. Die Folgen sind umso schmerzhafter. Den Klubs fehlen heute hochwertige türkische Spieler, um den Wegfall ausländischer Spieler zu kompensieren.

Aber auch der Verband hat keine weiße Weste. Es ist seine Aufgabe gewesen, in der Vergangenheit für Strukturen im Jugend- und Vereinsfußball zu sorgen. Obwohl die Türkei 75 Millionen meist fußballbegeisterte Einwohner vorweisen kann, gibt es keine organisierte Jugendarbeit, die man so nennen könnte.

Dennoch war der Schritt des türkischen Fußballverbandes richtig und wichtig. Die Anzahl ausländischer Spieler musste eingeschränkt werden. Dass nun eine Generation an türkischen Spielern fehlt, ist nicht mehr zu ersetzen. Der türkische Fußball wird daher noch eine Zeit lang leiden müssen, bevor es wieder aufwärts gehen kann. Die Richtung jedoch stimmt.

 

Dieser Gastartikel von mir erschien zuerst auf Fußballtransfers.com.