Jetzt singen alle Fans „Wir sind Weltmeister“ und lassen die Kritiker verstummen. Genau jetzt lohnt sich der Blick in die Vergangenheit. Vor genau zwei Jahren, als Deutschland im Halbfinale der EM gegen Italien ausschied und die Kritik an den Spielern und an dem Bundestrainer am lautesten war, hat Davut Cöl die deutsche Nationalmannschaft verteidigt und einen Beitrag veröffentlicht, der mit dem Satz zu Ende ging: „Dieses jetzt schon tolle Team wird vielleicht einmal eine der besten Mannschaften, die die Deutschen je gehabt haben.“. Das war vor genau zwei Jahren. Heute ist das Team Weltmeister.

Als nach dem Ausscheiden gegen Italien der Rücktritt des Trainers Löw gefordert wurde, schrieb Davut Cöl:

Diese nimmermüde „Meckerei“, trotz Fußball auf allerhöchstem Niveau ist, mit Verlaub gesagt, krank. Nur weil kein Titel herausgekommen ist, ist die Mannschaft nicht schlecht und der Trainerstab auch nicht. Diese Mannschaft kann noch viel erreichen, sie ist doch noch jung. Lasst sie also reifen.

Dieser jetzige Erfolg zeigt wieder einmal, worauf es im Sport wirklich ankommt. Nämlich auf das „Wir“. Ein Fußballspiel kann nur in der Gemeinschaft gewonnen werden. Und um das Wir-Gefühl zu entwickeln, braucht es Zeit. Leider ist Zeit in unserem heutigen Umfeld ein knappes Gut. Funktionäre wollen Erfolge, die Sponsoren auch, die Medien, die die Fans anstacheln, ebenfalls. Dass das alles falsch ist, das weiß man nicht erst seit gestern Abend, seit dem Gewinn der Fußball-Weltmeisterschaft 2014.

Schon damals unterstrich Davut Cöl, wie wichtig Unterstützung für eine junge Mannschaft ist:

Es kann nur wiederholt ermutigt werden, eine solch tolle deutsche Fußball Nationalmannschaft zu unterstützen. Andere Nationen beneiden uns um diese Spieler. Sie haben hart dafür gearbeitet, dass sie ganz oben in der Welt mitspielen können. Unterstützen wir sie auf dem Weg zum ersten Titel, anstatt ihnen Steine in den Weg zu legen.

Deutschland ist Weltmeister 2014 und das ist vollkommen verdient. Kein anderes Team hat diese Mannschaftsleistung vorweisen können, wie die deutschen Spieler das geschafft haben. Ohne einen hervorstechenden Superstar (Messi, Neymar, Pirlo usw.) hat man sich auf ein tolles Gemeinschaftsgefühl eingeschworen, das jedem Fan das Herz höher schlagen lässt. Das ist besonders erfreulich für diese junge Mannschaft. Das Trainerteam und die Spieler haben bewiesen, dass ein kontinuierliches Arbeiten an den eigenen Schwächen viel mehr wert ist, als sich von externen Einflüssen lenken zu lassen.

Heute ist für jeden kritischen Fußballfan ein guter Tag, um in sich zu gehen und zu realisieren, dass jeder Erfolg seine (Bau-)Zeit braucht. So wie das bei einem Haus auch der Fall ist. Bundestrainer Löw hat sich durch die zwischenzeitliche Kritik an seiner Person nicht aus dem Konzept bringen lassen und hat ein Team geformt, das den Titel Weltmeister wahrlich verdient hat.

Herzlichen Glückwunsch.

 

Über den Autor:

Davut Cöl ist der Autor des Buches „Nicht gut genug. Die 24 Schwächen der türkischen Fußballnationalelf“ – hier mehr erfahren.

Der Originalartikel vom 01.07.2012 „EM: So sind die Deutschen eben“ kann unter folgendem Link nachgelesen werden:

http://www.start-trading.de/2012/07/01/em-so-sind-die-deutschen-eben/